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Ein Freund hat Krebs und die Folgen.

Zunächst: Es hat sich als ein Tumor herausgestellt, der sich wohl - trotz Metastasen - oft heilen lässt. Der Freund ist ein lieber Kerl, der gerne lebt und es wäre schon seltsam, wäre er auf einmal nicht mehr da.
"Lieber Kerl": Das hört sich so nett an. Es ist schon einer mit Ecken und Kanten, aber in der Hauptsache ein lieber Kerl. Unter dem Eindruck des Tumors (samt Metastasen und ja, er hat ziemlich Schmerzen) und der Medikamente wandelt er sich nicht gerade zum Guten. Sagen wir so: Es wechselt. Ich habe ihn heute wieder getroffen, da war er ein netter Kerl. Gestern sah das anders aus. Gestern hatte er zuviel von seinen Schmerzmitteln (Opiate) geschluckt und war sozusagen "high" davon. Er sagte, er würde schweben. Einen Dickschädel hat er neuerdings, eine Sturheit, ein Eigensinn, die nicht bekommen. Pampern muss man ihn, ständig will er umsorgt werden. So richtig erschreckend sind die Ausfälle seines Kurzzeitgedächtnisses. Sonst war das immer sehr gut, mittlerweile geht es rasant bergab.

So weit, so schlecht. Es lässt mich allerdings die finale Krebserkrankung, an der meine Mutter gestorben ist, besser einschätzen. Ich hatte mir ja so ins Hemd gemacht, was mit der Frau los war. Ich wusste nichts von dem Krebs, sie hatte es allen verschwiegen (ehrlich: Krebs kann man nicht verschweigen). Die Sozialarbeiterin des Krankenhauses, die mich im finalen Stadium angerufen hatte, hatte mir gesagt, dass Krebs den Menschen verändert. Darunter konnte ich mir nicht so recht was vorstellen, aber ich liess es so stehen. Heute sage ich, es dürfte nicht allein der Krebs an sich sein, es sind wahrscheinlich auch die Medikamente (darunter kann ich mir was vorstellen). Und so verliert jetzt das Lebensende meiner Mutter seinen Schrecken. Dieser Schrecken hatte mir reichlich in den Knochen gesessen.

Nach dem Tod befragen.

Manche Leute würde man gerne nicht einfach am Ende ihres Lebens befragen (vllt. den Umständen geschuldet, vllt. Starrsinn geschuldet oder sonst etwas ), sondern nach deren Ableben. Ob sie denn immer noch dahinter stünden, wie sie gelebt haben, was sie getan haben, was sie für Lebensmaxime hatten. Und so weiter.

Ob es das wirklich gebracht hat.

Nur: Wenn es ein Leben nach dem Tod gibt, wie sind wir dann? Wenn die irdischen Gebrechen fehlen, sind wir dann einsichtiger? Welche Gebrechen sind es denn, die dann fehlen? Bei Krücken kann man sich leicht vorstellen, dass die fehlen, aber bei psychischen Gebrechen, welcher Art auch immer? Und wie definiere ich diese Gebrechen?

Bin heute etwas trüber Stimmung und so denke ich an so Sachen. Meinen Vater würde ich gerne fragen, ob es das wirklich wert war, was er so gelebt hat. Die Hinterlassenschaften sind keine guten. War es das wert?

Geisterbahn und Gruselkabinett

Die Geisterbahn assoziiert so schön die Achterbahnfahrt, das Gruselkabinett die verstaubten, gruseligen Exponate.

Menachem beschreibt das in seinen eigenen Worten so:

Ich versuche „in Tagen wie diesen“ mit Vorsicht auf meine körperliche Unversehrtheit zu achten. Aus Rücksicht auf meine geistige Gesundheit habe ich mich aus allen Chats und Internetdiskussionen weitgehendst herausgenommen. Ich weiß im Moment nicht was die schlimmere Pest ist. Facebook, mit all seinem Shit und Verschwörungstheorien oder Corona. Und das, leider, meine ich nicht sarkastisch.

Beim ersten Lesen dachte ich noch, wie wohl ich es doch habe, dass ich so ein gutes Umfeld habe und da schon in anderen Tagen drauf geachtet habe. Aber auch in meine "heile" Welt schwappt der Grusel. Nicht von mir bestellt. Ich finde, Menachem hat so recht, auf seine geistige Gesundheit zu achten mit den Massnahmen, die er ergreift. Panik ist nicht konstruktiv, in der jetzigen Situation sowieso nicht.

Es gibt nicht nur die Chats und Facebook, es gibt auch noch (sonstige) Nachrichten. Da muss man abwägen, was man sich antut. Will man (über alles) informiert sein und zu welchem Preis?
Ein Bekannter von mir hat - schon seit längerem - die Push-Nachrichten vom Spon auf seinem Smartphone installiert. Er will informiert sein. Doch er ist eine ziemlich ängstliche Natur (was er nie zugeben würde). Man muss ihn zur Zeit (und nicht nur Zeit) immer wieder massiv beruhigen, Perspektiven aufzeigen, korrigieren. Auf Anraten, diese dämliche Push-Nachrichten abzuschalten, reagiert er beratungsresistent.
Vor einer Woche habe ich ihn zufällig an der Strassenbahn getroffen. Ich habe draussen gewartet, er war drinnen und wollte raus. Er hat mich nicht erkannt (entgegen seiner sonstigen Gewohnheit), er ist an mir vorbeigezischt. Voll im Film.

Ich denke mir, die Nachrichten werden noch massiv schlimmer werden. Man denke etwa an das Gesundheitssystem der USA, das fahrlässige Abwarten von Trump (grosse Sprüche und besonnenes Handeln sind zwei paar Stiefel). Nur ein Beispiel.

Gruselkabinett und Geisterbahn, wieviel will ich mir geben?

Corona, ein Schock.

Diese Pandemie, ein Schock. Man sieht / hört / liest es allenthalben, wenn man merkt, wie Leute reagieren (ich selbst bin eine Frohnatur, da fällt das nicht so auf). Die Hamsterkäufe (Klopapier! Ausgerechnet Klopapier! Und Mehl! Wollen die Leute jetzt alle Mehlschneiden spielen?) machen es sehr deutlich. Aber auch sonst, die diversen (Verschwörungs-)theorien. (Eine Bitte von den Ks mag es verdeutlichen.)

Ja, es ist ein Schock, man darf das ruhig so nennen. Und dass man das so gar nicht einordnen kann. Egal, wo sie / er gerade steht, als Familienvorstand, als Politiker, als kleiner Mensch irgendwo im Getriebe, ...
Es ist ein Schock und keiner weiss so richtig, wie es weitergeht.

Schon gestern habe ich die Aussage von Herrn Kretschmann (Ministerpräsident von Baden-Württemberg), man müsse das Land auf Null herunterfahren, gelesen. (Es stand als Schlagzeile auf der Website von SWR1, ich finde es gerade nicht mehr. Doch, hier habe ich es.)
Auf Null herunterfahren! So, als ob man "social distancing" verordnen könne wie ein Antibiotikum. Alles abtöten, dann ist gut und hinterher geht alles normal weiter.

Ich halte es für eine Schockreaktion, denn ich habe mir sagen lassen, dass damit gerechnet wird, dass das Virus im Sommer (oder wenn es wärmer wird) etwas verflachen wird.
Etwas.
Wir sind dann nicht befreit davon. Und im Herbst soll es wiederkommen.

Über solch lange Distanz, da muss anderes her als nur ein "soziales" Antibiotikum. Nicht nur die Kinder und die Schüler brauchen eine Perspektive (eine Beschäftigung), die Erwachsenen brauchen das auch.

Auf SWR2 habe ich gehört, dass die grösste Tanzschule in Freiburg (muss eine sehr grosse sein, eine der grössten im Bundesland oder gar im Land) nun online Tanzkurse gibt.
Auf SWR1 haben sie gerade (mitten in der Nacht, bin mal wieder mitten in der Nacht aufgewacht) gebracht, dass Trigema - eigentlich ein Kleiderhersteller - nun Mundschutz herstellt.

Geht doch! Die Menschen in unserem Land sind erfindungsreich! Das gilt es zu fördern!

Nachtrag:
Bei den Stuttgarter Nachrichten die Erklärung eines Psychologen zum Klopapier-Hamstern. Hihi.

Parallelwelten

Heute hatten wir es mit Kumpels schon von Parallelwelten. Kumpel 1 und ich sind in solchen aufgewachsen, Kumpel 2 hatte eine Unholde geheiratet, hatte es lange nicht gemerkt und steckte deswegen in einer Parallelwelt. (Sie ist ihm dann irgendwann - juhuu für ihn - abgehaut. Von alleine.)

Die beiden sind so herrlich ehrlich, Realisten durch und durch, deswegen hätte ich sie nie in Parallelwelterfahrung verortet. Kumpel 1 meinte, wenn man da drin aufwächst, fällt einem lange nichts auf. Man ist sich dessen nicht bewusst. Kumpel 2 meinte, die Zeit versinke wie im Nebel. Und er habe sich schon gefragt, ob er blöd gewesen sei.

Mir geht es wie den beiden. Ich bin in einer Parallelwelt aufgewachsen, und Kindheit und Jugend versinken in einem Nebel. Kumpel 2 schluckte, als ich sagte, dass da nicht mal Kontaktabbruch geholfen habe, die seien mir hinterher. (Sie sind schon wirklich krass. "Hochpathologisch" wie eine Therapeutin mal meinte. Ich sage das extra, damit deutlich wird, dass das nicht auf meinem Mist gewachsen ist.)

Gestern nun habe ich - anlässlich des Weltfrauentages - in eine Sendung des Bermudafunks reingehört. Puha, da ging es um verschiedene Sorten Antifeministen. Was es nicht alles für Leute gibt! Oje, oje, ich glaube, ich will das gar nicht so genau wissen. Parallelwelt ist da gar kein Ausdruck mehr, das sind irgendwelche Marsmenschen, Extraterrestrische, was weiss ich. (Ein bisschen habe ich da an meinen Vater gedacht, ob von deren Grundhaltung nicht auch was auf ihn zugetroffen hatte. Aber wie gesagt, ich will es gar nicht so genau wissen.)

Auf jeden Fall hat es gut getan, mit den Kumpels zwanglos darüber zu reden. (Die Antifeministen hatte ich im Gespräch schon wieder vergessen.)