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Den Leuten auf die Nase gucken.

Ich begucke mir jetzt ganz bewusst die Brillen auf den Nasen der Leute. Häufig sehe ich Vollrandgestelle, ganz selten randlose, meistens Kunststoffbrillen, selten welche mit Metall. In VideoCalls kann man den Leuten wunderbar ins Gesicht starren, denn sie bekommen das gar nicht mit, weil man ja nie sie direkt anstarrt (auch wenn man das tatsächlich tut), da man ja nicht direkt in die Kamera blickt.

Früher habe ich Brillen nie wahrgenommen. Ich entsinne mich, wie ich mal nach dem Aussehen meines Musiklehrers gefragt wurde. Ob er einen Bart hätte? Neee. Ob er eine Brille hätte? Neee. Dabei war beides sehr nachdrücklich in seinem Gesicht, signifikant.

Nun also schaue ich mir Brillen bewusst an. Und frage meine Freunde und Bekannten, zu welchem Optiker sie gehen würden. Da bin ich heute aber schon angegangen. Derjenige, den ich heute gefragt habe, der hat seine Brille in London geholt. Ich fahre nicht extra nach London, um mir eine Brille zu holen (ausserdem ist meine schon in Fertigung).

Eine Brille muss her.

Über die Weihnachtstage habe ich einen Freund besucht und bei der Gelegenheit die Autofahrerbrille seiner Mutter ausprobiert. Das war ein Gefühl! Auf einmal habe ich das Geäst der Bäume vor dem Fenster wieder scharf gesehen!

Mein Entschluss stand also fest, zu einem Optiker zu gehen. Gestern habe ich es wahr gemacht. Bin zu dem gegangen, den mir eine Freundin empfohlen hatte. (In Heidelberg schiessen die Brillenläden nur so aus dem Boden. Da weiss man nicht, wem man sich anvertrauen soll.) Der betreffende Optiker ist tatsächlich eine Empfehlung wert, ich wurde sehr gut bedient und beraten.

Das war ein Gefühl während der Augenvermesserei und -testerei, als ich auf einmal wieder richtig in 3D und kontrastreich sehen konnte! Unvergleichlich. Der Optiker bestätigte mir diesen Eindruck, dass mit der richtigen Brille das räumliche Sehen wieder zunehme und auch die Kontraste stärker seien.

Wir haben dann später noch darüber geredet, was das Gehirn so alles richtig rechnet und korrigiert. Da sagte er regelrecht philosophisch (so oder so ähnlich, den genauen Wortlaut weiss ich nicht mehr), dass das Gehirn sich sehr anstrenge, um sich anzupassen und einen auf normal zu machen.

Erfahrungen machen lassen

Zulassen, dass andere, nahestehende Personen so ihre Erfahrungen machen. Das würde man oft gerne verhindern. Man möchte nicht, dass ihnen ein Leids geschieht.

Wir - eine Gruppe aus meiner Gemeinde - sassen zum Brunch zusammen und unterhielten uns. Eine, die mehrere Kinder hat, alle schon mindestens ältere Teenager, erzählte, was wohl viele Eltern erzählen, dass sie - es drehte sich im ein bestimmtes Kind, schon flügge - dieses Kind gerne vor bösen Erfahrungen bewahren wollte. Dass sie gerne sagen wollte, wenn es dies oder jenes mache, dann habe es dies und das zur Konsequenz. Das Kind wolle aber nicht hören.
Und dann sagte sie, dass sie selbst an ihren Erfahrungen viel gelernt habe. Das könne sie doch ihrem Kind nicht vorenthalten, dieses gute Lernen!

Ich finde das eine tolle Einstellung, daran habe ich gelernt. Ich dachte an meinen Bruder, den ich gerne vor diesen oder jenen bösen Erfahrungen hätte bewahren wollen, aber er ist mitten rein. Ich denke an meine Mutter, die uns hatte bewahren wollen. Erlebt haben wir es trotzdem. Und gelernt.